Eine Paneldiskussion zum Thema „Digitale Bildmedien im öffentlichen Raum – Fluch oder Segen?“ fand Ende Mai an der Hochschule Luzern statt. Ich war zusammen mit etwa 40 Leuten aus der Schweizer Wissenschaft und Wirtschaft, Politik und Gesellschaft der Einladung der beiden Teilschulen Wirtschaft sowie Gestaltung & Kunst zu dieser vierstündigen Veranstaltung gefolgt.

Nach einer Einführung durch Robert Müller, Projektleiter auf Seiten Design & Kunst, stellten die vier Panel-Teilnehmer in Kurzpräsentationen zunächst sich, ihre Arbeit und ihren Standpunkt zum Veranstaltungsthema dar.

Bernard Liechti, Leiter der Abteilung Reklamebewilligungen der Stadt Zürich, dokumentierte an Beispielen einen kritischen Umgang mit den sogenannten Out-of-Home-Displays in seiner Stadt. Der öffentliche Raum ist ein beschränktes Gut, das durch den Einsatz von digitalen Bildmedien immer weiter eingeschränkt wird. Ziel sei es für ihn und die Stadt Zürich deshalb, den öffentlichen Raum nicht zu stören. Gestalterisch und inhaltlich müssen bei der Bespielung der digitalen Medien Bezüge zur vorherrschenden räumlichen Situation hergestellt werden, damit die Konsequenzen für die Aufenthaltsqualität der Menschen, aber auch für das Stadtbild in einem akzeptablen Rahmen bleiben.

Für eine frühzeitige Zusammenarbeit aller Interessensgruppen bei Großdisplay-Projekten sprach sich Ulrich Ritschard, Geschäftsführer von e-Advertising, aus. Diese Zusammenarbeit sollte schon in der Konzeptionsphase beginnen, damit die Bedürfnisse und Vorbehalte direkt im Betriebskonzept berücksichtigt und umgesetzt werden können. Ritschard unterstützte Lichti in der Ansicht, dass der Standort des Displays dessen Programm bestimmen sollte. Denn je mehr Leute sich in dem Programm wiederfinden, desto größer ist die Akzeptanz.

Eher auf Fernwirkung und räumliche Entkopplung setzte Valentin Spiess, Gründer und Geschäftsführer der iart interactive ag, bei den von ihm vorgestellten Projekten für intermediale Stadtinszenierungen. Beim bei den Schweizer Teilnehmern bekannten Stücki-Einkaufszentrum in Basel spielte Spiess mit der Abstraktionsfähigkeit der Leute, da die dort an den Außenfassaden montierten LED-Flächen baulich gestückelt sind und Display-Bewegtbilder bewusst nicht ermöglicht werden sollen. Auch die von iart entwickelte Fassade am Schweizer Pavillon der EXPO 2010 lässt kein klassisches Bewegtbild zu: Die 10.000 Pixel der Fassade sind rote Zellen, die als Reaktion auf Umwelteinflüsse blitzen.

Ob und wie Displays im öffentlichen Raum ein partizipatives Medium sein können, fragte Thomas Schärer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Zürcher Hochschule der Künste ZHDK, in seiner Kurzpräsentation. Für die Beantwortung der Frage nutzte er die Ergebnisse und Erfahrungen des BaBeL-Street-Channel-Projekts, bei dem in zwei Phasen zwischen 2007 und 2010 große Displays in einem Luzerner Problemquartier aufgestellt wurden, um über Aktuelles auf dem Quartier zu berichten und die Bewohner noch interessierter füreinander zu machen. Für Schärer gehören zu den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Nutzung u.a. der Einsatz einfacher und intuitiver (Interaktions-)Technik, ein sichtbarer Nutzen, eine niedrige Nutzungsschwelle und Verlässlichkeit in Präsenz und Inhalt.

Bei der abschließenden Panel-Diskussion, moderiert durch die Projektleiterin der Teilschule Wirtschaft, Ursula Stalder, nutzten viele der Zuhörer die Gelegenheit, mit den Referenten deren Standpunkte zu erörtern. Auf meine Nachfrage an Bernard Liechti von der Stadt Zürich, ob man digitale Bildmedien wie z.B. Medienfassaden nicht auch als Chance für die Aufwertung des öffentlichen Raums sehen kann, sagte er, dass der öffentliche Raum sowieso schon seit vielen Jahren Bedeutung für die Menschen zurückgewinnt und man die digitalen Medien dafür nicht unbedingt bräuchte. Auch die Nachfragen der anderen Teilnehmer setzten sich vor allem mit den engen Kriterien der Stadt Zürich auseinander. Übergreifend gab es ein Plädoyer für eine Zusammenarbeit von Machern, Politikern und Nutzern bei der Entwicklung von Display-Projekten.

An der Hochschule Luzern beteiligen sich die Teilschulen Wirtschaft und Gestaltung & Kunst an dem Forschungsschwerpunkt „Out of Home-Displays“, und gehen der Frage nach, wie und für welche (kommunikativen) Strategien Out-of-Home-Displays eingesetzt werden (”Einsatzformen”), wie und warum sie wirken (”Bezugsmodelle”) und was beachtet werden muss, um die gestalterischen Potenziale der Bewegtbildkommunikation im öffentlichen Raum für die strategische Marken- und Produktkommunikation zu erschließen.

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Out-of-home-Displays: Fluch oder Segen?
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